Der Countdown zur Internationalen Deutschen Enduro Meisterschaft 2023 läuft. Insgesamt neun Wertungstage warten 2023 auf die DEM-Fahrer. Los geht es in Tucheim mit zahlreichen und motivierten Fahrern, die mit großen Ambitionen in die bevorstehende Saison gehen. Wer sind die Favoriten? Welche Klassenwechsel gibt es? Und welche Nachwuchstalente geben ihr Debüt auf der großen DEM-Bühne? In den folgenden Zeilen gibt es die Antworten…
Luca Fischeder ist der Mann, den es in diesem Jahr zu schlagen gilt. Der Sherco-Fahrer geht erstmalig als amtierender Internationaler Deutscher Enduro Meister in die Saison. Druck oder Ehre? „Nur ein kleinwenig Druck“, lacht der 24-Jährige, „vielmehr überwiegt noch der Gedanke an die sensationelle Saison im Vorjahr und die Motivation, das neue Jahr ähnlich erfolgreich zu gestalten. Ich bin wirklich guter Dinge, dass mir das gelingen wird. Ich weiß was ich kann, hatte eine Top-Vorbereitung und bin sehr viel Motorrad gefahren. Von daher kann es losgehen“, zeigt sich Luca Fischeder mit breiter Brust. Doch ein Selbstläufer wird es dennoch nicht werden, denn auch die Konkurrenz ist heiß auf den begehrtesten Titel in der Internationalen Deutschen Enduro Meisterschaft. Einer, der darauf ganz konkret Anspruch anmeldet, ist ausgerechnet Teamkollege Jeremy Sydow. Mitte letzten Jahres betrat der 22-Jährige die DEM-Bühne mit einem wahren Paukenschlag, sicherte sich sogar bei seinem erst zweiten Auftritt den Overall-Tagessieg. „Im Vorjahr habe ich bewiesen, dass ich ganz vorn mitfahren kann. Das ist auch für 2023 mein Ziel und natürlich, dass ich am Ende ganz oben stehe“, präsentiert sich der Sherco-Fahrer sehr selbstbewusst, der im Winter speziell an seinen Schwachpunkten gearbeitet hat. „Alles, was so in die Extrem-Test-Richtung ging“, lässt er sich ein wenig in die Karten schauen, ohne zu viel zu verraten.
Wer könnte diesem Duo am ehesten die „Meister-Suppe“ versalzen? So recht mochte sich derzeit niemand zu einer derartigen Kampfansage hinreißen lassen, wenngleich es noch eine ganze Menge Fahrer gibt, die allemal das Zeug dazu haben, die beiden etwas zu ärgern. Wie der letztjährige Vize-Champ Edward Hübner (KTM) oder der Gesamtdritte Yanik Spachmüller (GasGas). Vielleicht aber auch die beiden KTM-Fahrer Florian Görner oder Tristan Hanak, die 2022 die Top Fünf im Endklassement komplettierten? Mit Sicherheit wird auch wieder Chris Gundermann (KTM) vorn mitmischen, der schon ab und an bewies, unter die Top Drei zu fahren: „Das wäre natürlich optimal, wenn mir das wieder gelingen würde.“ Sicherlich sind auch Davide von Zitzewitz (KTM) oder Andreas Beier (Beta) nicht zu unterschätzen, die nach längerer Verletzungspause zurückkehren. Oder vielleicht setzt sich auch ein ganz anderer Fahrer in Szene? Es wird jedenfalls eine spannende Saison…
E1 – Enorme Leistungsdichte verspricht Hochspannung!
Die Neuausrichtung dieser Kategorie für Motorräder bis 250ccm unabhängig ob Zweitakt oder Viertakt bringt zusätzliche Brisanz in die bereits im Vorjahr schon sehr stark besetzte Klasse. „Die Titelverteidigung wird schwer, aber nicht unmöglich. Ich, von meiner Seite aus kann nur sagen, ich bin fit, hatte eine wirklich gute Vorbereitung und bin fest entschlossen, alles zu geben, um am Ende wieder ganz oben zu stehen“, so die klare Ansage des regierenden E1-Champions Edward Hübner, der seiner Viertakt-KTM die Treue hält, während seine schärfsten Konkurrenten alle auf einen Zweitakter setzten.
Überraschenderweise auch Yanik Spachmüller, der trocken anmerkt: „Ich bin jetzt sieben Jahre Viertakter gefahren und wollte jetzt einfach mal einen neuen Anreiz schaffen.“ Der GasGas-Fahrer absolvierte eine solide Vorbereitung und ist dementsprechend positiv für die bevorstehende Saison gestimmt. „Das Jahr ist lang, da kann viel passieren. Aber unter die besten Drei möchte ich schon kommen. Ganz nach vorn wird natürlich verdammt schwer werden. Vor allem Jeremy ist eine echte Hausnummer und in meinen Augen der Favorit“, bekennt der E1-Meister von 2021 Farbe. Jeremy Sydow selbst macht kein Geheimnis daraus, dass natürlich neben dem bereits erwähnten, angestrebten großen Coup, auch der E1-Titel drin sein muss.
Zünglein an der Waage im Kampf um Sieg und Platzierungen könnte zweifellos auch Andreas Beier werden. Der 36-jährige Routinier und mit acht deutschen Meistertiteln, der am höchsten dekorierte Fahrer im Starterfeld, ließ im vergangenen Jahr bis zu seiner Verletzung aufblitzen, was er nach wie vor im Stande ist zu leisten. In diesem Jahr geht er nun erstmals mit einer Zweitakt-Beta auf Trophäen-Jagd. „Ich bin motiviert und guter Dinge. Ich fühle mich auf dem neuen Motorrad richtig wohl und kann es kaum erwarten, dass es wieder los geht. Druck mache ich mir keinen. Ich werde wie immer alles geben und dann schauen was heraus kommt.“ Ähnlich sieht es auch Maximilian Wills, der sich gerade rechtzeitig zum Saisonstart nach überstandener Knieverletzung zurückgekämpft hat. „Mein Motto ist, Spaß haben, verletzungsfrei bleiben, konstante Ergebnisse abliefern und mich stetig verbessern“, so der Husqvarna-Fahrer, der sein zweites Jahr in der E1 bestreiten wird, während es für Patrick Irmscher (Beta) und Bastian Streit (Sherco) nach einem Jahr „Enduro-Auszeit“ das erste sein wird. Fehlen wird hingegen Kevin Nieschalk, der sich in der Saison-Vorbereitung einen Innenbandriss im rechten Knie zugezogen hat.
E2 – Komplett neu durchgemischt!
Tilman Krause gab Ende letzten Jahres schweren Herzens sein Karriereende bekannt. (hier dazu die Story). Vizemeister Nick Emmrich wird nur noch nach Lust und Laune an den Start gehen. „Mein Heimrennen in Zschopau ist natürlich gesetzt. Alles andere wird sich zeigen“, so der KTM-Fahrer, der in Tucheim als Betreuer auf die Seite hinter dem Streckenband wechseln wird. Und auch der amtierende E2-Meister Philipp Müller lässt es dieses Jahr ruhiger angehen – allerdings unfreiwillig. „Bei einem Trainingssturz im Januar habe ich mir den fünften Brustwirbel gebrochen“, berichtet der Beta-Fahrer, der sich glücklicherweise schon wieder auf dem Weg der Besserung befindet. „Es geht ganz klar aufwärts, doch der Saisonstart kommt für mich leider zu früh. Ich werde erst zur Saisonhälfte wieder ins Geschehen eingreifen können.“ Damit sind die Vorjahres-Top-Drei komplett aus dem Spiel, was die Titelvergabe betrifft.
Dafür kehrt mit Davide von Zitzewitz ein Langzeitverletzter wieder zurück auf die Strecke. Genau vor Jahresfrist bestritt der viermalige Deutsche Meister in Tucheim sein letztes Rennen – auch damals nach einer längeren Verletzungspause. „Im Vorjahr lief es trotz Trainingsrückstand überraschend gut. Ich hoffe sehr, dass mir diesmal ein ähnlich guter Einstand gelingt“, so der KTM-Fahrer, der am Ende natürlich den E2-Titel gewinnen möchte. „Ganz klar, das ist natürlich das Ziel“, lacht der Norddeutsche, dem wohl am ehesten Chris Gundermann diesen angestrebten Erfolg streitig machen könnte. Der KTM-Markenkollege aus Thüringen wechselte im Laufe der letzten Saison überraschend die Klasse und das Motorrad, mit welchem er von Beginn an traumhaft zu recht kam. „Das war die goldrichtige Entscheidung“, freute sich der großgewachsene Hüne damals, als er beim Finallauf in Rüdersdorf seinen ersten DEM-Tagessieg einfahren konnte. Und das Ziel für 2023? „Da weiter machen, wo ich letztes Jahr aufgehört habe!“
Paul Roßbach, jetzt auf GasGas unterwegs, hofft, nach zuletzt nicht ganz einfachen Jahren, sich wieder im Spitzenfeld etablieren zu können, ebenso wie Benjamin Meusel. Der Vize-Meister aus 2021 entschloss sich nach seinen sporadischen Einsätzen im Vorjahr, nun doch wieder eine komplette DEM-Saison zu bestreiten. „Bei mir steht in erster Linie der Spaß im Vordergrund. Aber klar, gute Leistungen möchte ich natürlich auch bringen“, so der Franke, der nun auf einer KTM sitzt und mit Platzierungen in den Top Drei liebäugelt.
Neu in der E2 ist zudem KTM-Routinier Nico Rambow (vorher E1) und Karl Weigelt (KTM), der altersbedingt aus der Junioren-Klasse aufsteigt sowie die beiden letztjährigen DEC-Vizechamps Florian Pfefferkorn (E1B) auf KTM und Alfred Reimer (E2B), der mit einer Viertakt-Honda auf Punktejagd gehen wird. Sein Markenkollege Patrick Röder, der in der Vorsaison, seinem ersten Jahr in der DEM, einen starken Eindruck hinterließ, wird den Saison-Auftakt verletzungsbedingt verpassen.
E3 –Titel-Hattrick für Luca Fischeder?
2021 Titel Nummer eins, 2022 Titel Nummer zwei – folgt 2023 Titel Nummer drei? Anzunehmen, wenn er ohne Ausfälle über die Runden kommt. Zu dominant ist der Sherco-Fahrer in den letzten Jahren unterwegs gewesen. Dahinter könnte es hingegen umso enger zugehen. Auch Vizemeister Florian Görner (KTM) machte letzte Saison nochmals einen großen Schritt nach vorn. Brachte konstant gute Leistungen auf unterschiedlichstem Terrain, was letztlich der Schlüssel zum Erfolg war. Gegen Ende der Saison holte aber auch Robert Riedel mächtig auf, der zu Jahresbeginn noch mit den Nachwehen einer schweren Verletzung zu kämpfen hatte. Der GasGas-Fahrer, der je einen Meistertitel bei den Junioren und in der E1 auf seiner Habenseite hat, zählt zweifellos wieder zum Favoritenkreis, wenn es um die Vergabe der Podestplätze geht.
Ebenfalls vorn mitmischen möchte Tristan Hanak. Im letzten Jahr noch in der E1 und auf einem 250ig-Viertakter unterwegs, verdoppelt er für 2023 gleich einmal seine Kubikzahl auf 500 ccm. „Ich bin hellauf begeistert von meinem neuen Motorrad. Es passt richtig gut zu meinem Fahrstil, da ich ohnehin lieber die hohen Gänge bevorzuge. Ich bin sehr glücklich mit der Entscheidung, zumal die Vorbereitung wirklich gut lief. Die Top Drei sollten daher schon drin sein“, versprüht der KTM-Fahrer Optimismus.
Interessant wird auch zu sehen sein, wie sich der Vorjahres-Vierte Noah Wenz auf der Husqvarna schlagen wird, welcher sich letztes Jahr sukzessive immer weiter verbesserte. Hinzu kommt noch ein interessantes Beta-Trio, bestehend aus Routinier Jörg Haustein, dem letztjährigen Junioren-Fahrer Paul Diederich sowie Maxi Schek, der 2022 den E2B-Titel erringen konnte.
Junioren – Wer tritt in die Fußstapfen von Milan Schmüser?
Der amtierende Meister selbst plant in diesem Jahr nur sporadisch bei ausgewählten DEM-Läufen aufzutauchen. „Je nach Lust und Laune, wie es mein Terminkalender zulässt“, berichtet Milan Schmüser jüngst, der sich in diesem Jahr noch stärker dem Extrem-Enduro verschrieben hat. In der SuperEnduro-Weltmeisterschaft liegt der Sherco-Fahrer, vor dem Finale in der Junioren-Klasse, auf einem aussichtsreichen dritten Platz mit intakten Chancen auf den Titel. „Zudem liegt mein absoluter Fokus auf der Hard-Enduro-Weltmeisterschaft. Dieses Jahr wird erstmalig dort ein Junioren-WM-Titel vergeben und um den möchte ich im besten Falle natürlich mit kämpfen“, erklärt das 19-jährige Allround-Talent, das zusätzlich auch im Trialsport erfolgreich unterwegs ist.
Mit Blick auf die Starterliste rückt für 2023 automatisch Leon Thoms in die Rolle des Titelfavoriten. So war der KTM-Fahrer doch der einzige, der Milan Schmüser im letzten Jahr teils ernsthaft Paroli bieten konnte. Beim Heimrennen in Rehna gelang ihm sogar der Tagessieg, gleichbedeutend mit der einzigen Saisonniederlage für den Titelgewinner. „Nach der wirklich guten Saison im Vorjahr ist der Titel das logische Ziel.“, macht der langgewachsene KTM-Fahrer keinen Hehl aus seinen Ambitionen, wenngleich er auch einschränkt, „es wird definitiv nicht einfach werden. Die Konkurrenz ist richtig stark.“ Und wie geht man mit der zugeschriebenen Favoritenrolle am besten um? „Ich verspüre schon etwas Druck, während ich im letzten Jahr komplett unbefangen in meine erste DEM-Saison gehen konnte. Aber ich versuche, mich nicht verrückt zu machen und meine Leistung konstant abzuliefern.“
Zum Favoritenkreis zählt zweifellos auch Oskar Wolff, der in den vergangenen drei Jahren die Saison immer unter den Top Drei beenden konnte, wenngleich ihm der ganze große Coup bis dato verwehrt blieb. Gelingt dem Husqvarna-Fahrer diesmal der Sprung bis ganz vorn an die Spitze?
Ohnehin ist die Junioren-Klasse so stark und ausgewogen besetzt, wie nie zuvor. Neben den bereits etablierten Fahrern, wie Nils Teegen (KTM), Garry Dittmann (GasGas), David Wagner (Husqvarna) oder Lane Heims, der in diesem Jahr erstmalig eine 250iger Zweitakt-KTM einsetzt, kommen auch allerhand neue, talentierte, wie erfolgshungrige Talente aus dem DMSB Enduro-Cup dazu. Hier sind in erster Linie DEC-Champ Felix Melnikoff und DEC-Vizechamp Jeremy Nimmrich zu nennen, die sich im Vorjahr bis zur allerletzten Sonderprüfung ein äußerst nervenaufreibendes Duell um den B-Championatstitel lieferten. Neben dem KTM-Duo steigen zudem Luca Wiesinger (Sherco) und Pascal Sadecki (Fantic) in die Junioren-Klasse auf, die ihr Können in der Vergangenheit auch schon mehrfach unter Beweis stellten. Felix Hail (KTM) wird nach langer Verletzungspause zurückkehren, ebenso wie Louis Richter (GasGas) und Domenik Nieschalk (KTM), die vor einigen Jahren im DMSB Junioren-Cup schon einmal für Furore sorgten, zwischenzeitlich aber in anderen Serien am Start waren. Eine internationale Note bringt zudem Robert Friedrich aus Tschechien in die Serie, der auf GasGas und mit deutscher Lizenz die komplette Meisterschaft bestreiten wird.
Saisonstart wieder mit zahlreichen Gaststartern!
Schon im letzten Jahr konnten, sowohl beim Auftakt in Tucheim wie auch beim zweiten Lauf in Dahlen, zahlreiche Starter aus dem Ausland begrüßt werden. In diesem Jahr setzt sich der äußerst positive Trend nahtlos fort. So stehen für den Saison-Einstand kommenden Samstag erneut zahlreiche Schweden in der Starterliste. Zwar fehlt Vorjahressieger Filip Bengtsson, der sich nach einer schweren Knie-Verletzung aktuell wieder zurückkämpft, aber dafür gibt es ein Wiedersehen mit Casper Lindholm, dem letztjährigen Zweiten der E2-Kategorie und Gustav Mähler, damals Dritter bei den Junioren. Für weiteres internationales Flair werden Starter aus Belgien, Österreich und vor allem aus Tschechien sorgen, wobei hier speziell Kryštof Kouble hervorzuheben ist. Schließlich gelang dem Husqvarna-Fahrer der Overall-Europameistertitel 2021 sowie im Vorjahr der Sprung auf das E2-Podest beim WM-Lauf in Portugal, hinter den beiden Briten Nathan Watson und Steve Holcombe. Mit diesen Referenzen zählt er zweifellos zum Kreis der Kandidaten auf den Tagessieg beim Auftakt zur Int. Deutschen Enduro Meisterschaft am 4. März in Tucheim!
Quelle / Foto: Peter Teichmann, ADAC Enduro, enduro-dm.de