Am ersten Tag des Finales der SuperEnduro-Weltmeisterschaft 2021/2022 zeigten die weltbesten Piloten dieser Disziplin in der SACHSENarena Riesa ihr ganzes Können – und Billy Bolt denen, wo der Hammer wirklich hängt.
Im Superpole-Qualifying gelang dem Husqvarna-Werkspiloten und Überflieger keine perfekte Runde, die deshalb „nur“ 1,4 Sekunden schneller war, als jene des Zweitschnellsten und Markenkollegen Colten Haaker aus den USA. In den drei Heats fuhr der 24-jährige Brite in seiner eigenen Liga und gewann diese genauso wie zuvor in Budapest und Jerusalem. Lediglich beim zweiten Event in Budapest konnte der Pole Taddy Blazusiak dem derzeitigen Überflieger einen Laufsieg abluchsen.
Der sechsfache Weltmeister sowie Deutschland-GP-Sieger vom letzten Aufschlag in Riesa im Januar 2020 hatte einen kurzen Abend. Gleich zu Beginn des ersten Heats stürzte er eigentlich harmlos und brach sich dabei das Handgelenk. Damit war einer der theoretischen WM-Verhinderer von Billy Bolt out, doch war der ja ohnehin scheinbar von einem andern Planeten und nicht aus Großbritannien gekommen. Nach seinem zweiten WM-Titel in Corona-unterbrochener Folge sagte er: „Mathematisch war der Titel heute schon möglich, was mein Ziel für den ersten Tag war. Ich werde jetzt mit dem Team, bei dem ich mich bei dieser Gelegenheit recht herzlich bedanken möchte, ein, zwei Bierchen trinken und dann den zweiten Tag in Riesa genießen. Ich werde aber nicht nachlassen und will wieder gewinnen. Wenn man an den Start geht, will man immer gewinnen. Aber natürlich ist schon mal eine große Last weg. Mit dem Titel im Rücken, sollte es zumindest nicht schwerer werden.“
Die Kampfansage nahm der mit drei Mal Platz zwei in den Heats Zweite der Tageswertung, Colton Haaker, zwar zur Kenntnis, gab sich aber keinerlei Illusionen hin, es auf den ersten Platz schaffen zu können. Nachdem der jeweils Heat- sowie auch Gesamtdritte des ersten Tages in Riesa, der britische Beta-Pilot und Bolt-Landsmann Jonny Walker, auf die Frage, was man gegen die Dominanz Billy Bolts tun könne, kurz und knapp und dennoch voller Ehrfurcht „nichts“ antwortete, erklärte das der 32-jährige Colton Haaker etwas ausführlicher: „Billy ist eine neue Fahrergeneration. Er hat uns Alte früher gefragt, wie was geht und hat nun seinen eigenen Style entwickelt. Er hat auf den Top-Level in Sachen SuperEnduro einfach noch einen drauf gesetzt. Das müssen wir anderen einfach akzeptieren.“
Mit den Heat-Rängen vier, fünf und vier durfte sich Tim Apolle über Platz vier und damit sein bestes Tagesergebnis freuen. Das war zwar vom frühen Ausscheiden Taddy Blazusiaks sowie vom erneuten Rennpech des Ex-Weltmeisters Cody Webb, ebenfalls aus den USA, etwas begünstigt, aber nicht unverdient. Der Beta-Treiber aus Sachsen-Anhalt sagte anschließend: „Der erste Tag des SuperEnduro Grand Prix in Deutschland war einfach nur geil und lief echt gut für mich. Ich war zum zweiten Mal in der Superpole. Die Strecke hat richtig Spaß gemacht. Sie war sehr flüssig, aber auch anspruchsvoll. In den Rennen schaffte ich mit den Plätzen vier, fünf und vier meine bisher besten Heats und mit Rang vier auch mein bestes Overall-Ergebnis in der großen Klasse. Klar gehört immer ein bisschen Glück dazu. Ich habe mein gestecktes Ziel für Riesa fürs Erste erreicht. Mal auf dem Podest zu stehen, wäre natürlich noch ein Traum. Das wird verdammt schwer, aber beim SuperEnduro ist nichts unmöglich.“
Der zweite Deutsche im Feld, der Ex-Junioren-Weltmeister Kevin Gallas, hatte sich nur für Riesa zu einer Teilnahme in dieser SuperEnduro-WM-Saison entschlossen und wurde deutlich unter Wert geschlagen. Nach Platz neun im ersten Rennen, kam er im zweiten kurz vor Schluss auf Platz sechs liegend zu Fall und verließ mit schmerzverzerrtem Gesicht die Strecke. Zum dritten Lauf trat er wieder an, stieg aber vorzeitig aus.
In der Klasse Junior der SuperEnduro-WM war Dominik Olszowy als klarer Tabellenführer nach Riesa gekommen. Alle bisherigen Heat-Siege konnte der Pole für sich verbuchen und wollte seine weiße Weste natürlich behalten. Den ersten Heat gewann er auch sogleich wieder, doch im zweiten machte ihm Milan Schmüser aus Tensfeld in Schleswig-Holstein einen dicken Strich durch die Rechnung. Den dritten Lauf sowie die Tageswertung gewann Dominik Olszowy wiederum, doch rechnerisch ist er in Sachen WM noch nicht durch.
Nach den erbitterten und dennoch friedlichen Kampfhandlungen sowie den Heat-Plätzen vier, eins und zwei sagte der Tages- sowie neue WM-Zweite Milan Schmüser: „Viel besser hätte es nicht laufen können. Im dritten Lauf war ich gleich nach dem Start wieder Erster. Da habe ich gedacht ‚jetzt nur noch vorn bleiben‘. Doch das hat leider nicht geklappt. Ich wollte dem Olszowy seine Strähne wegnehmen, aber das ist mir leider nicht gelungen. Insgesamt bin ich aber super zufrieden und jetzt WM-Zweiter. Am Sonntag muss auch noch alles gut klappen, aber das wird schon“, so die norddeutsche „coole Socke“.
Hinter dem inzwischen echt starken Israeli Suff Sella musste sich der bisherige WM-Zweite Leon Hentschel aus dem niedersächsischen Uelzen nach den Platzierungen drei, vier und vier auch in der Tageswertung mit Rang vier zufrieden geben. Damit liegt er nun fünf Punkte hinter Milan Schmüser auf dem dritten Tabellenplatz. Sein Fazit lautete: „Das war auf jeden Fall hart hier. Der erste Lauf lief mit dem dritten Platz mega gut für mich. Im zweiten habe ich viel Pech gehabt, indem ich auf einen gestürzten Fahrer drauf gesprungen bin, der hinter einem Hindernis lag. Das konnte ich leider nicht sehen. Im dritten Rennen hatte ich im Steinfeld auch einen kleinen Hänger. Das Ziel Vizeweltmeister bleibt aber das gleiche wie vorher und ist ja auch noch möglich.“
Mit Max Faude aus Sindelfingen mischte in der Nachwuchsklasse ein dritter Deutscher mit. Er schaffte vor heimischem Publikum in der gut gefüllten SACHSENarena mit Rang sieben ebenfalls sein bisher bestes Gesamtergebnis.
Im SuperEnduro European Cup gewann der ebenfalls bisher ungeschlagene Italiener Sonny Goggia den ersten Lauf und leistete sich im zweiten mehrere Patzer. Vom letzten Platz kämpfte er sich auf die zweite Position vor, stürzte aber erneut und wurde schließlich Vierter. Das reichte allerdings, um zumindest die Tageswertung erneut zu gewinnen, doch die Titelentscheidung ist auf den zweiten und Final-Tag in Riesa vertagt.
Die beiden deutschen Finalisten Marco Pfeifer aus Berglen und Paul-Erik Huster aus Sandersleben landeten auf den Gesamträngen neun und zehn.
Um den Fahrern und Fans keinen Einheitsbrei vorzusetzen, ließ die wie immer gastgebende Auerswald Eventmanufaktur aus Hohndorf bei Stollberg von ihren aufopferungsvollen nachtaktiven Helfern die Strecke nach dem letzten Rennen des Abends umbauen. Daran, dass die Detail-verliebten Streckenbauer auch am Sonntag Höchstnoten bekommen werden, besteht kein Zweifel. Stellvertretend für sicherlich fast alle Fahrer, sagte Colton Haaker im Rahmen der Sieger-Pressekonferenz: „Das ist mit Abstand die beste Strecke, die wir in dieser Saison bisher hatten. Und die Fans sind in Riesa sowieso immer fantastisch. Ich liebe Riesa.“
Wer Riesa am Sonntag ebenfalls lieben oder liebgewinnen möchte, hat ab 14:00 Uhr unter Berücksichtigung der 3G-Regel Gelegenheit dazu. Die Hallenöffnung erfolgt 12:00 Uhr, und ab 12:30 Uhr wird es für Fans wieder die Autogrammstunde geben.
Weitere Infos unter www.superenduro-riesa.de.
Quelle: Thorsten Horn